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Immuntoxizität

Im menschlichen Immunsystem interagieren eine Vielzahl von Organen und Zellen, deren Wechselwirkungen durch die Verabreichung von Medikamenten nachhaltig, auch negativ, beeinflusst werden können. Mögliche Auswirkungen sind z.B. eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen oder Tumore, das Auftreten allergischer Reaktionen bis hin zu Autoimmunerkrankungen oder anderen Erkrankungen des Immunsystems. Die Ermittlung der Immuntoxizität ist daher eine wichtige Komponente zur Bewertung der Arzneimittelsicherheit z.B. im Rahmen präklinischer toxikologischer Studien.

Die seit Mai 2006 international gültige Richtinie ICH / EMA / FDA „S8 Immunotoxicity Studies for Human Pharmaceuticals“ („Immuntoxizitätsstudien für Humanpharmazeutika“) sowie neuere Richtlinien der EMA (1) und der FDA/CDER (2) unterstreichen die Notwendigkeit, auch immuntoxische Effekte in der präklinischen Phase der Wirkstoffentwicklung mit zu erfassen und empfehlen spezifische Tests zur Ermittlung der Immuntoxizität.

Immuntoxizität
Vergleichbare Richtlinien haben die OECD oder EPA verabschiedet, z.B. zur Sicherheitsüberprüfung von Chemikalien, Nahrungsergänzungsstoffen (3,4) oder Impfstoffen (5). Wie in der EMA-Richtlinie betont wird, „sollen alle medizinischen Produkte hinsichtlich ihres immuntoxischen Potenzials überprüft werden“. Mit dem in Kraft treten der neuen Richtlinie ICH S8 wurde aus dem „soll“ ein „muss“ !

Allgemeine Informationen über die anstehenden Änderungen beim Zulassungsprozess haben wir für Sie in dem Dossier „Immuntoxizität und Immunogenität – Neueste Entwicklungen bei der Arzneimittelzulassung“ zusammengestellt.

vivo Science hat ein standardisiertes, zweistufiges GLP-Immuntoxizitäts-Prüfprotokoll (Phase1/Phase2) in voller Übereinstimmung insb. zur ICH-Richtinie S8 etabliert und validiert:

Nähere Informationen zu den Prüfprotokollen finden Sie auch in unserem Dossier (engl.): Immunotoxicity Testing of Drugs and Chemicals.

Phase 1: orientierende Untersuchungen

Immunpathologie

  • vollständiges Blutbild; Differentialblutbild (Lymphozyten)
  • Gewicht der lymphatischen Organe; Körpergewicht und -temperatur
  • Histopathologie, makroskopisch/mikroskopisch (in Milz, Thymus, Lymphknoten, Peyer’schen Plaques und Knochenmark)

Humorale Immunität

  • Totales Serumprotein, Albumin:Globulin-Verhältnis
  • Verteilung der Immunglobulin-Isotypen (IgM, IgG, IgA, IgE)
  • Hämolytische Komplement-Aktivität
  • Ermittlung von Serum-Autoantikörpern und Immunkomplex-Ablagerungen

Zellvermittelte Immunität

  • Immunfärbung und durchflusszytometrische Quantifizierung von Milz und Lymphknoten für B-Zellen und CD4+/CD8+ T-Zellen
  • Mitogen-Stimulations-Assays für B- und T-Zellen (Milz)
  • Quantifizierung der peritonealen Zellen und deren Phagozyten-Aktivität

Phase 2: vertiefende Untersuchungen

Humoral vermittelte Immunität

  • Bestimmung der Kinetik von Immunantworten gegen T-Zell-abhängige Antigene (primäre und sekundäre Antwort gegen Schafs-Erythrozyten, o.a.)
  • Bestimmung der Kinetik von primären humoralen Antworten auf T-Zell-unabhängige Antigene (primäre Antwort gegen bakterielle Polysacharide, o.a.)

Zellvermittelte Immunität

  • Überempfindlichekeitsreaktionen vom verzögerten Typ (DTH) auf Schafs-Erythrozyten, o.a.
  • gemischte Leukozytenreaktion gegen allogene Leukozyten (MLR)
  • Zytotoxische Antwort von T-Lymphozyten (CTL) gegen allogene Tumorzellen

Infektiologische Modelle

  • Syngene Tumorzellen: MethA Fibrosarkom (Wachstum/Regression); B16 Melanom (Lungenmetastasen)
  • Bakterien-Modelle: Listeria monocytogenes (Mortalität); Streptokokken (Mortalität)
  • Virale Modelle: Cytomegalie-Virus (Viruslast von Speicheldrüse, Lunge, Niere, Milz, und Leber)

Phase 1 unseres Immuntoxizitäts-Prüfprotokolls kann in eine Standard-28-Tage-„repeated dose toxicology“-Studie z.B. gem. Guideline OECD 407 integriert werden, sowohl mit Mäusen als auch mit Ratten.

Eine Ausweitung auf Untersuchungen der Phase 2 wird empfohlen, sofern die in Phase 1 ermittelten Daten auf immuntoxische Effekte hinweisen; dieses wird ebenfalls für Untersuchungssubstanzen empfohlen, die immunologische Wirkungen erzielen sollen. Das Tiermodell der Wahl für Phase 2-Studien ist die Maus (die Verwendung von Ratten erfordert wesentliche Modifikationen der infektiologischen Modelle). Phase 2 erfordert die Immunisierung/Sensibilisierung weiterer Tiere gegenüber der Standard-28-Tage-„repeated dose toxicity“-Studie.


(1) Note for Guidance on Repeated Dose Toxicity, CPMP/SWP/1042/99 Repeated Dose Toxicity
(2) Guidance for Industry: Immunotoxicology Evaluation of Investigational New Drugs, October 2002. FDA guidance
(3) OECD Guidelines for Testing Chemicals: Repeated Dose Oral Toxicity-Rodent: 28 Day or 14 Day Study (Guideline 407) http://www.oecd.org/dataoecd/17/52/1948386.pdf
(4) Health Effects Test Guidelines, Immunotoxicity, OPPTS 870.7800 EPA guidance
(5) Note for Guidance on Preclinical Pharmacological and Toxicological Testing of Vaccines, CPMP/SWP/465/95 Preclinical Pharmacological and Toxicological Testing of Vaccines